München. Die Kameras sind auf die Golfelite gerichtet, wenn es am Sonntag in München um den Sieg bei den BMW International Open und die Verteilung eines gigantischen Preisgelds in Höhe von rund zwei Millionen Euro geht.
Jörn Großblotekamp hat dann zwar keinen Schläger in der Hand, gehört beim renommiertesten und größten Golfturnier auf deutschem Boden aber dennoch zu den wichtigsten Menschen. Unser Vereinsmitglied ist einer von insgesamt neun Referees und damit erster und direkter Ansprechpartner für die Profis in Regelfragen.
Fehler darf es nicht geben, zu viel hängt von richtigen Entscheidungen ab
„Fehler darf es nicht geben“, sagt Jörn, „von dem, was wir Schiedsrichter machen, kann abhängen, ob ein Spieler den Cut schafft, ob er ins Preisgeld kommt, oder im schlimmsten Fall sogar seine Spielberechtigung verliert.“ Ihn lässt das nicht kalt.
„Ein wenig Lampenfieber ist immer dabei“, gibt er zu, „Da ist zum einen der Respekt vor der Aufgabe. Da sind aber auch tausende Zuschauer und dutzende Fernsehkameras. Meine Aufgabe ist es, bei Regelfragen alle Umstände richtig einzuschätzen und eine exakte Entscheidung zu treffen.“
Schon zu Schulzeiten wurde Jörn vom Golfvirus infiziert. „Ein Mitschüler kam mit Golfbällen in die Klasse und erzählte, dass in Kirchhellen ein Platz gebaut werde“, erinnert er sich. Den Sport kannte er damals nur aus dem Fernsehen.
Wie Harry Valérien Jörn in die Schwarze Heide führte
Die prägnante Stimme von Harry Valérien, der selbst passionierter Golfer und als Fernsehreporter einer der vielleicht wichtigsten Wegbereiter für den Golfsport in Deutschland war, hat er immer noch im Kopf.
„Er hat sensationell gut kommentiert. Und er war damit auch irgendwie mitverantwortlich dafür, dass ich mir den Platz in Kirchhellen unbedingt anschauen musste“, erklärt Jörn. Beim Anschauen blieb es nicht, er gehörte zu den ersten Mitgliedern unseres 1986 gegründeten Clubs.
Was für ihn die Faszination am Golfen ausmacht, beschreibt Jörn aus zwei Blickwinkeln: „Golf ist ein kultivierter Sport. Stilvoll und elegant. Man geht respektvoll miteinander um. Und dir schüttet auch niemand vor Freude ein Bier über den Kopf.“
Was sich simpel anhört, ist in Wahrheit ziemlich komplex
Auf der anderen Seite sei Golf aber auch ein unheimlich anspruchsvoller Sport, motorisch und mental: „Für das, was auf dem Platz passiert, bist ausschließlich du selbst verantwortlich. Es gibt keinen direkten Gegenspieler wie beim Tennis. Es gibt also keine Ausreden. Der Golfball liegt vor dir und wartet, dass du draufhaust. Das hört sich simpel an, ist in Wahrheit aber überraschend komplex.“
Jörn macht keinen Hehl daraus, dass ihm die klassische Prägung des Golfsports mit seinen vielen Eigenarten gefällt. Dass keine Bluejeans getragen werden darf, dass die Oberteile zwingend einen Kragen benötigen und dass es für das Miteinander auf dem Platz klare Regeln gibt. All das gehört für ihn einfach dazu.
Dabei ist Jörn keineswegs sperrig. Der 51-Jährige ist in unserem Club bei Mitgliedern aller Altersklassen gleichermaßen geschätzt und beliebt. Er schult Mitglieder regelmäßig bei Regelabenden, ist immer hilfsbereit, wenn Regelfragen auftauchen, oder auch in anderen Vereinsangelegenheiten eine helfende Hand benötigt wird.
Viel mehr Rick Wright als Jonathan Higgins
Auf den ersten Blick trauen ihm zwar viele die Besetzung für die Figur des adligen Briten Jonathan Higgins in der 80er-Jahre-Fernsehserie Magnum zu. Doch der erste Eindruck täuscht nicht nur optisch. Jörn muss bei diesem Vergleich lachen: „Ich mag Higgins sehr, aber ich sehe mich selbst viel eher in der Rolle des Rick Wright.“
Jörn war in unserem Verein schnell Mitglied der Clubmannschaft. Die Entscheidung nicht nur zu spielen, sondern auch die Aufgabe des Schiedsrichters wahrzunehmen, fiel spontan: „Ich habe festgestellt, dass es vorteilhaft ist, genau zu wissen, wie die Regeln anzuwenden sind. Und ich habe darin auch die Chance gesehen, noch tiefer in die Materie vorzudringen, mit Spitzenleuten in Kontakt zu kommen und hinter die Kulissen des professionellen Golfsports zu schauen.“
Ein langer und anspruchsvoller Weg bis in die Topetage der Schiedsrichterei
So spontan die Entscheidung fiel, Schiedsrichter werden zu wollen, so lang war der Weg dorthin. Jörn begann die Schiedsrichter-Ausbildung beim Golfverband NRW, begleitete ein Jahr lang erfahrene Platzrichter als Assistent, legte erst die Prüfung zum Platzrichter und anschließend zum Spielleiter ab.
2015 wurde er vom Deutschen Golfverband (DGV) zum DGV-Spielleiter-Lehrgang eingeladen. Und die höchstmögliche Weihe als Schiedsrichter verdiente er sich wenig später in der R&A Referees School im schottischen St. Andrews. Alle Schiedsrichter von Weltklasseformat müssen diesen fünftägigen Lehrgang und die wohl anspruchsvollste Golfregel-Prüfung der Welt bestehen.
„Das war schon sehr herausfordernd“, erinnert sich Jörn, der seit dem befähigt ist, jedes Turnier auf der Welt als Referee zu begleiten. Eine Qualifikation, die in Nordrhein-Westfalen nur noch fünf weitere Menschen haben, bundesweit sind es nur knapp 30.
Zum ersten Mal bei den BMW International Open dabei
Jörn ist seitdem in der Bundesliga, bei Deutschen Meisterschaften, aber auch bei international topbesetzten Turnieren im Einsatz. Bei den BMW International Open ist er zum ersten Mal im Einsatz. Und wenn er in seiner Laufbahn einen Wunsch frei hätte, bei welchem Turnier wäre er gerne dabei?
„Entweder beim Ryder Cup oder beim US Masters in Augusta. Das sind die beiden herausragenden Golfevents. Wenn ich das entscheiden müsste, hätte ich ein Problem.“ Ein Blick ins Regelbuch hilft ihm in dieser Frage nicht.
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